SUPERDEMOKRATIE - Der Senat der Dinge

Drei Kulturinstitutionen werden im Oktober während der Ausstellung SUPERDEMOKRATIE mit dem belgischen Senat im Dialog stehen. BPS22 in Charleroi, BOZAR in Brüssel und M HKA in Antwerpen geben der aktuellen Problematik des Senats eine kulturelle Dimension

1.10.2017 - 31.10.2017

Thierry Verbeke

°1970
Born in Lille, FR

Der 1970 in Lille geborene französische Künstler Thierry Verbeke ist eher « Militant »-Künstler statt Bildhauer. Wie Julien Crenn schreibt: « Er schafft eine Kunst des pazifistischen Protestes, der zum Aufbruch (zu einem kollektiven Bewusstsein) und nicht zur Revolution aufruft » (1). Hierzu hat der Künstler keine bevorzugte Technik, selbst wenn er Videos, Fotografien und Installationen usw. kreiert. Seine Internet-Seite erwähnt ebenfalls « verbesserte Objekte », d.h. Objekte, Formen oder Zeichen, die der Künstler durch seine oft minimalistischen Eingriffe entführt hat. Ohne dabei die formellen Fragen zu vernachlässigen, bevorzugt er es, die mit der Welt um ihn herum verbundenen Probleme direkt anzusprechen : Arbeitsbedingungen, grundsätzliche Freiheiten und Rechte, lokale und globale Wirtschaft, Subkulturen der Jugendlichen, Medienmodelle usw. Ausgehend von den Beobachtungen und der wahrgenommen Fehlfunktion entsteht die vom Künstler angenommene Form.

Wie kann man deutlich machen, dass man sich nicht der Weltordnung unterwerfen will, die sich als « natürlich » bzw. « a-historisch » - was auf das Gleiche herauskommt – betrachtet? Und dies, obwohl man sich der Grenzen und der reellen Tragweite seiner Handlungen bewusst ist? In diesem engen und unbequemen Rahmen verteilen bzw. schlängeln sich seine plastischen Vorschläge. Genau darum geht es im Werk von Thierry Verbecke; selbst wenn der Künstler es anders ausdrückt, unter anderem mit der ironischen Serie

 Ré-injecter du politique dans le quotidien, einer Reihe von Bildern der Käsesorte Babybel, die ausgepackt und mit Hammer und Sense gezeichnet sind…

Ein anderes Mal hat der Künstler einen Container in der ehemaligen Zollzone zwischen Belgien und Frankreich, die mit der europäischen Harmonisierung nicht mehr benötigt wurde, aufgestellt. Er ist selbst zeitweilig dort eingezogen, mit Plakaten und Palmbäumen, um die « PEZ » zu eröffnen: ein Name, der zwar an Süßigkeiten für Kinder erinnert, hier aber die Abkürzung für seine « Paradise Economic Zone » ist : ein Steuerparadies, in einer vernachlässigten Brache. Der Künstler brachte eine finanzielle und mediengebundene Realität, die oft ohne Erklärungen in Zeiten der virtuellen Wirtschaft und der Etikettierung der Finanzflüsse angesprochen wird, zum Greifen nahe, wobei er folgende Fragen aufwirft : wie kann ein Steuerparadies entstehen ? Wie kann ein kleines Stück Boden ein ganz anderes Steuerrecht aufweisen als der Rest Europas ? Und warum sind die Grenzen so durchlässig für Finanzbewegungen aber vollkommen verschlossen, wenn es um die Harmonisierung des Steuerrechtes geht ?

(1) Siehe http://thierryverbeke.com/textes.html