Johan Muyle
Nach seinem Kunststudium in Charleroi, Namür und Brüssel lässt Johan Muyle sich im Jahr 1980 in Lüttich nieder. Er zeigt Performances, öffentliche Aktionen und schafft Objekte und Installationen über die Mode der Kurznachrichten. Nach 1985 konzentriert seine Produktion sich auf das, was er « Montage-Skulpturen » nennt, die anhand von Flohmarktgegenständen geschaffen werden. Sie bestehen vor allem aus kleinen Statuen, vor allem mit religiösen Themen, die man auf den Trödelmärkten findet. Die gefundenen Objekte haben eine Vergangenheit, eine Geschichte, einen Kontext, hinzu kommt die Bedeutung der anderen in die gleiche Skulptur montierten Elemente. Das gesamte Werk, das aus widersprüchlichen Elementen besteht, bezieht sich auf die Komplementarität der Unterschiede, seien es soziologische, philosophische, religiöse oder kulturelle Differenzen, und enthält eine sowohl ästhetische als auch poetische Dimension der Welt und des Anderen.
Zu Beginn der 90er Jahre werden die Skulpturen lebendig, wobei der mechanische Prozess sichtbar bleibt. Johan Muyle verbringt ab 1993 viel Zeit in Afrika und Indien. Zuerst in Kinshasa, wo er Stücke mit lokalen Künstlern und Handwerkern fertigt und danach in Madras, wo er zwischen 1995 und 2004 mit Plakatgrafikern zusammen arbeitet[1]. Diese schaffen zahlreiche Monumentalporträts des Künstlers, die in bedeutenden von einem elektromechanischen Verfahren bewegten Systemen angebracht sind. Diese Zusammenarbeiten verstärken die Aussage des Künstlers, der die Vermischung als Identitätswert betrachtet. Der Ansatz des Künstlers versucht, Fragen und keine Urteile zu zeigen. Sie werden von seinen einzigartigen Skulpturen getragen, deren Poesie und Stil allen Tendenzen der zeitgenössischen Kunst widerstehen. Neben seiner künstlerischen Arbeit unterrichtet Johan Muyle von 1994 bis 2006 zeitgenössische Praktiken an der Ecole des Beaux-Arts de Valenciennes (FR) und leitet seit 2006 das Atelier de Sculpture bei der ENSAV-La Cambre (Brüssel).
So stammt sein Werk Non si puo ridere della felicità (Man darf nicht über Glück lachen) aus seiner « indischen » Zeit. Der Künstler erschließt sein Porträt, um die Verantwortlichkeit für die Aussage des Werks beanspruchen zu können. Hierbei geht es um die Frage der Beziehung jedes Individuums zur Welt. Ist es besser, nichts zu sehen, nichts zu hören und nichts zu sagen? Muss man sich passiv den Wahrsagern anvertrauen, die angedeutet werden, oder soll man aktiv sein Schicksal in die Hände nehmen? Der Titel greift auf das Sprichwort « man darf nicht über das Unglück lachen (wer den Schaden hat, brauch für den Spott nicht zu sorgen) » zurück, aber darf man denn über Glück lachen ? Das Werk hinterfragt in fine, was eigentlich Glück in einer Gesellschaft mit ihren zahlreichen Bedürfnissen ist, wo das Verlangen und das Aufblühen eher über das Haben und nicht das Sein definiert werden. Q(c)hi mangerà, vivrà stammt aus der gleichen Zeit. Das monumental große Werk lädt den Zuschauer ein, seinen Kopf in den Mund des Künstlerporträts zu stecken. Das Stück gerät in Bewegung. Die Augen des Künstlers öffnen sich. Die Lorbeeren, bezugnehmend auf den Mythos von Daphné bewegen sich im Takt des italienischen Revolutionsgesangs Bella Ciao. Diesmal leitet der Titels sich aus dem Satz des Johannesevangeliums ab : « Ich bin das lebendige Bort, das vom Himmel herabgestiegen ist : wer dieses Brot isst, wird ewig leben. »
[1] Zu diesem Thema: MARCELIS, Bernard, Indian Studio 1995-2013. Johan Muyle, Bruxelles, Fonds Mercator, 2013.