SUPERDEMOKRATIE - Der Senat der Dinge

Drei Kulturinstitutionen werden im Oktober während der Ausstellung SUPERDEMOKRATIE mit dem belgischen Senat im Dialog stehen. BPS22 in Charleroi, BOZAR in Brüssel und M HKA in Antwerpen geben der aktuellen Problematik des Senats eine kulturelle Dimension

1.10.2017 - 31.10.2017

Marcel Broodthaers

°1924 †1976
Born in Sint-Gillis, BE
Died in Köln, DE

Marcel Broodthaers beginnt 1942 ein Chemiestudium an der Universität Libre de Bruxelles, was er aber im nächsten Jahr schon aufgibt, um sich ganz der Poesie zu widmen. 1943 tritt er der Kommunistischen Partei bei und zählt 1947 zu den Unterzeichnern des in Paris veröffentlichen Traktes La Cause est entendu (die Sache wird gehört) gegen André Breton von den Revolutionären Surrealisten von Frankreich und Belgien.

Zwischen 1957 und 1964  veröffentlichte der Künstler, zu dessen Helden René Magritte und Stéphane Mallarmé gehören, vier Gedichtsammlungen (Mon livre d’Ogre - 1957, Minuit – 1960, La Bête Noire - 1962 und Pense-Bête – 1964)[1]. Gleichzeitig übt Marcel Broodthaers in Paris oder Brüssel zahlreiche Berufe aus wie Kunstkritiker, Buchhändler, Fotograf, Regisseur, Klempner-Assistenz, Fremdenführer, Nachwächter, aber vor allem ist er Dichter, bevor er ebenfalls zum plastischen Künstler wird.

Auf der Einladung zu seiner ersten Ausstellung in der Galerie Saint-Laurent in Brüssel gibt Marcel Broodthaers den Ton an und weist auf seinen Eintritt in die Kunstwelt : « Auch ich habe mich gefragt, ob ich nicht etwas verkaufen und Erfolg im Leben haben könnte. Schon seit einiger Zeit bin ich zu nichts nutze. Ich bin vierzig Jahre alt… Schließlich kam mir der Gedanke, etwas Unaufrichtiges zu erfordern und ich habe mich sofort an die Arbeit gemacht (…)»[2]. Broodthaers entwirft so einige Gegenstände, die sich verkaufen lassen : Pense-bête (1964) stellt dabei die Grundlage seiner Praktik sowie eine spektakuläre Geste dar, die den Künstler zum einflussreichsten Belgier der Nachkriegszeit macht. Nach Marcel Duchamp gießt er in Gips die Ladenhüter seines Gedichtes Pense-bête, was sofort ein Kunstwerk wird.

Das Musée d’Art Moderne. Département des Aigles, Section XIXe siècle nimmt ebenfalls einen wichtigen Platz im Werk des Künstlers ein. Das Museum öffnet 1968 bei Broodthaers (rue de la Pépinière, in Brüssel) und wird 1972 geschlossen (Documenta in Kassel, Deutschland). Das im Rahmen von Mai 68 eröffnete (fiktive) Museum der Modernen Kunst analysiert die Begriffe, die mit dem Museum, dem Kunstmarkt, der Reproduktion usw. zu tun haben, über Elemente, die nicht als Kunstwerk gelten. Das gesamte Projekt, das in vielen Formen und in zahlreichen Ländern wiederholt wurde, ist eine « Kritik der Ideologie der Kunst und der Kunst als Ideologie »[3] ; so dass er zum präzisesten konzeptuellen Künstler seiner Zeit wird. Diese Arbeit hinterfragt im Wesentlichen die Natur und die Funktion der Sprache über die Kunst.


[1]Zu den von Marcel Broothaers veröffentlichten Texten (rund 200) und seiner ständigen Beziehung zur Schrift, siehe: LAHOUREUX, Denis, « Broodthaers et le moule des mots », in : Textyles, Nr. 40, 2011, S.33-42.

[2] BROODTHAERS, Marcel, in : Invitation de l’exposition. Bruxelles, Galerie Saint Laurent, 1964.

[3] DAVID, Catherine, « Le musée du signe », in : Marcel Broodthaers. Paris – Madrid, Galerie nationale du Jeu de Paume – Centro de Arte Reina Sofia, 1991-1992, S.17.